Es ist mal
wieder Sonntag, eigentlich ein strahlend schöner Sonntag, doch die
trübe letzte Woche hängt noch im Gemüt. Die vergangenen Tage waren
grau und die Nächte sehr kurz. Das Kind war krank! Vater hat alle
Termine absagen dürfen und verbrachte die Tage mit dem zu recht
missgelaunten Sohn im inneren des Wagens! Doch heute
Morgen wendete sich das Blatt, Fieber weg, Minusgrade und ein
strahlend blauer Himmel.
Ich muss raus,
dit is uf jeden Fall klar, und der Sohn kommt mit. Da das Bürschchen
noch nicht raketenmäßig fit ist wie sonst, suche ich eine
Spezialstrecke, die Vater und Sohn zufrieden stellt und noch
Kinderwagen tauglich ist. Ah, klar…die Schönower Heide im
Naturpark Barnim! Da können wir Rot- und Damwild gucken und auf
einem kinderwagentauglichen Rundweg durch die weite Heidelandschaft
des ehemaligen Truppenübungsplatzes Schönower Heide rattern.
Also Sohn und
Kinderwagen ins Auto geladen und los! Wir fahren die Bucher Straße
nach Berlin – Buch, dann die Hobrechtsfelder Chaussee durchs kleine
Dörfchen Hobrechtsfelde, ein kleines Stück auf der kurvigen L 30
Richtung Bernau und nach 20 min wir sind schon da.
Auch andere
Menschen sind schon da, der Parkplatz ist gut gefüllt! Der Weg ist
vereist. Unsicher schlittern und staksen die meisten Leute dahin.
Mutig schiebe ich den warm eingepackten Sohn in seinem gefundenen
dreirädrigen Geländekinderwagen über die Haupteinflugschneise in
Richtung Aussichtsturm. Aus der Ferne kann ich bereits ein gemischtes
Rudel junger Rot- und Damhirsche ausmachen, die sich neugierig über
das Futter hermachen, welches ihnen die geneigten Wildtierfreunde und
Spaziergänger entgegenschleudern.
Das Paradoxe an der Szenerie ist,
dass genau an dieser Stelle des Zaunes ein Schild angebracht ist, auf
dem mit großen Lettern und mit Piktogrammen dargestellt steht “
Wildtiere füttern verboten!“ Ich beschließe mich heute nicht zu
ärgern. Da ich dieses Schauspiel bereits kenne, möchte ich
vorsichtshalber erst eine große Runde durch die Heide drehen bis der
große Run auf das heimische Wild vorüber ist.
Leider hat der
Sohn genau in diesem Augenblick die zahlreichen Geweihträger
entdeckt und kräht aus seinem Geländefahrzeug: „Paaapaa, Hirsche
angucken!“. Nun gut, erste Chance am heiligen Sonntag für mein
persönliches Seelenheil zu sorgen verpasst. Jetzt heißt es ruhig
Blut bewahren, Menschen ignorieren und nur auf den begeisterten
kleinen Menschen im Kinderwagen und die Hirschleute achten.
Ich werde
mich einfach von Klein-Alvars kindlicher Begeisterung mitreißen
lassen und meine Erwachsenenüberzeugungen mal ganz weit weg
schieben! Und siehe da,
es klappt! Nach einer halben Stunde ist das Rudel des schlechten
Futters und der Gafferei überdrüssig und verdrückt sich wieder
ins Unterholz. Meine Chance ein paar Meter gut zu machen und so
rollen wir von dannen.
Der Weg
gestaltet sich fahrerisch anspruchsvoll und der Untergrund variiert
zwischen Eispiste, Schneematsch und aufgeweichtem Steinschotter.
Kurvig zieht sich der Rundweg entlang des riesigen Wildtiergatters,
durch die malerische weiße Heidelandschaft. Nach ca. vier Kilometern machen wir
eine Pause, ich befreie den kleinen Raupenmann aus seinem warmen
Kokon und wir verspeisen unsere Unterwegsrationen auf ein paar großen
Baumstämmen in der Mittagssonne. Nachdem die kleine Made satt ist
und ein wenig auf den Stämmen herumgeklettert ist will sie wieder in
ihren warmen Kokon und die Fahrt kann weiter gehen.
Bald darauf
schläft der Sohn in seinem Wägelchen tief und fest und ich verlasse
den Rundwanderweg für einen kleinen Abstecher von 1,6 Kilometern,
zum Gorinsee. Durch den typischen Brandenburger Kiefernforst geht es
geradewegs zum Gorinsee, der unter seiner eisigen Winterdecke
untypisch verlassen da liegt. An warmen Sommertagen ist hier die
Hölle los und der Parkplatz eigentlich immer überfüllt.
Zurück auf
dem Rundwanderweg durch die Schönower Heide fahre ich die
verbliebenen drei Kilometer durch die freundliche Nachmittagssonne.
Immer wieder schiebe ich an äsenden Damtieren vorbei, deren weiße
Hinterteile mit dem schwarzen Wedel über die Heide leuchten.
Zurück am
Ausgangspunkt des Weges suche ich mir ein schönes Plätzchen auf der
ehemaligen Schießbahn unter einem Kiefernbaum und stelle den kleinen
Alvarmann in die Sonne, während ich, von kindlicher Energie
getrieben, in die Krone der Kiefer klettere. Dort verbringe ich
glücklich und zufrieden die restlichen Nachmittagsstunden bis mein
Sohn aus seinem Nachmittagsschlaf erwacht und wir uns langsam auf den
Heimweg machen.
Vater und Sohn
haben jetzt gute Laune und ich finde der Sohn sieht jetzt auch viel
gesünder aus! ;-)