Noch ehe ich
die Augen aufschlug, rappelte es neben mir und etwas sehr helles
schien in mein Gesicht. Kurz darauf wurde an mir gerüttelt und die
aufgeregte Stimme eines kleinen Wesens drang an mein Ohr. Paaapaaa
aufwachen, draußen ist alles voller Schnee! Als ich mich schließlich
schwerfällig in eine erhöhte Position stemmte, um aus dem Fenster
unseres Zirkuswagens zu blicken, sah ich es. Endlich war alles weiß,
eine für Berliner Verhältnisse dicke Schneeschicht bedeckte den
Boden, die Büsche, Bäume und die im Garten verstreuten Spielgeräte
meines Sohnes.
Also los, ich
hetzte den kleinen Mann ins Nebenzimmer, Onkel Micha wecken, während
ich im Küchenwagen unter der Spüle nach der Thermoskanne fahndete
und Brote schmierte. Wenig später wurde der noch halb schlafende
Onkel Micha von Alvar erbarmungslos in die Küche gezerrt und mit
einer Tasse Earl Grey mit Hafermilch vor den bullernden Ofen gesetzt.
Nun verkündete ich stolz, dass wir heute den Watzmann umrunden
würden, was mir nur die skeptischen Blicke aller Anwesenden
einbrachte und ein leichtes Tippen des Zeigefingers an der Stirn.
Ich ließ mich
jedoch davon nicht beirren, also: Rucksack gepackt, Stiefel geschnürt
und los ging es nach Nordosten in Richtung Bad Freienwalde. Nachdem
ich den Sohn in der Kita abgeliefert hatte fuhren wir eine knappe
Stunde nach Bad Freienwalde, wo wir am Bahnhof parkten und eine
Station mit der ODEG nach Falkenberg (Mark) fuhren.
Vom Bahnhof
aus gehen wir bis zu einer Straßenkreuzung in der Ortsmitte und
laufen nach links die B 167 in Richtung Bad Freienwalde runter. Am
Gedenkstein im Theodor Fontane Park folgen wir dann stadtauswärts
dem Fontaneweg. Am Ortsrand steigen wir links einen steilen Waldweg
hinauf, den ein kleiner brauner Turm auf weißem Grund markiert. Und
schon befinden wir uns im Winterwald.
Rutschig und
unwegsam war es dort und der Weg zog sich ziemlich steil den Hang
hinauf, so dass wir nach kurzer Zeit richtig ins Schwitzen gerieten.
Dabei hatten wir uns heute bei – 8C° und strahlendem Sonnenschein
extra dick eingemummelt. Doch je höher wir stiegen desto weniger
wurden unsere Schichten an Kleidung, die wir am Körper trugen.
Normalerweise
musste dieser Wanderweg recht gut zu gehen sein, doch nicht nur Eis
und Schnee machten das Vorankommen beschwerlich. Aus der Ferne hallte
Maschinenlärm durch den einsamen Wald und immer wieder ließen uns
Erderschütterungen skeptisch innehalten. Als wir uns unseren Weg
durch zerfurchte Erde und verschneite Baumkronenreste bahnten- ihr
ahnt es schon- der Harvester war zu Gange und wühlte sich Bäume
fällend und entastend durch unsere Zauberland-schaft. Also sahen wir
zu, dass wir der zerfurchten Landschaft, die diese Fällmaschine
hinterließ, möglichst rasch entkamen.
Bald darauf
zog der Weg wieder recht steil an, bis er sich zu einem Kammweg durch
wunderschöne Laubmischwälder wandelte. Dem Kammweg folgend
passierten wir die kleine Tobbenberg Hütte und wähnten uns kurz
darauf nicht mehr im flachen Brandenburg zu wandern, sondern durch
die schöne Mittelgebirgslandschaft des Thüringer Waldes oder des
Harzes. Unterbrochen von kurzen Auf- und Abstiegen durch die
strahlend weiße Winterlandschaft gelangten wir an die Abzweigung zum
Bismarckturm, der auf einem Hügelvorsprung kauernd, durch seine
Feldsteinmauern wie eine alte Burgruine anmutet. Ein schöner,
verwunschener Ort zur Winterzeit, der die Gedanken in ferne Zeiten
schweifen lässt.
Um weiter auf
dem Turmwanderweg zu bleiben, kehrten wir zur Wegkreuzung zurück und
folgten dann links den Tierspuren im frischen Schnee. Die
anschließende Watzmannumrundung gestaltete sich spektakulär, da die
von den hohen Bäumen rieselnden Schneekristalle golden in der Sonne
glitzerten und man den Eindruck hatte im Goldregen durch einen
Märchenwald zu laufen. Unbeschreiblich schön! Der knurrende Magen
meldete sich und so wurde es Zeit für eine Essenspause im warmen
Licht der Nachmittagssonne. An Stämmen von mächtigen Kiefern
gelehnt, die auf einer Hügelzunge thronten, blickten wir über die
Mariannenschlucht und genossen die klare, kalte Luft.
Frisch
gestärkt stiegen wir hinab in die breite Schlucht und wieder hinauf
zum malerisch gelegenen, zugefrorenen Teufelssee, der sich etwa eine
Stunde vom Bismarckturm entfernt befindet. Augenscheinlich wird der
See von einem alten Bekannten, den wir schon aus dem Briesetal
kennen, bevölkert. Als wir am Seeufer entlang schlenderten,
entdeckten wir im Zufluss des Sees seine riesige Burg, in der wohl
mehr als eine Biberfamilie Platz gefunden hätte. Wir konnten uns
kaum von dem Anblick des gigantischen Biberbollwerks lösen, doch
mahnte uns das schwindende Tageslicht zum Aufbruch.
Vorbei an der
alten Jugendherberge und dem E-Werk bogen wir rechts in den Waldweg
ein, über den wir nach kurzem Anstieg den Thüringer Blick
erreichten. Der markierte Weg führte uns direkt zum Eulenturm am
Haus der Naturpflege und hinunter zur B 158, der wir rechts ein
kurzes, ätzendes Stück folgten. Vorbei am örtlichen Kinder-und
Jugendzentrum OFFI stiegen wir hinunter zum Jahn-Stadion, hinter dem
auch die große Skisprungschanze von Bad Freienwalde liegt.
Jetzt wo
Schnee lag, war der Anblick der Sprungschanze gar nicht so
verstörend, doch im Sommer muss die ganze Anlage mehr als skurril
auf den Betrachter wirken. Wir erinnern uns nochmals...wir sind im
flachen Brandenburg und nicht im Harz, obwohl momentan wirklich alles
danach ausschaut und sich anfühlt. Verrückt!
Als wir die
Schanze passierten, wurden bereits die Flutlichter angeschaltet und
das Auffinden des richtigen Weges durch die Papenberge kostete uns
etwas Zeit. Im Dunkeln folgten wir dem Brunnentalweg und stiegen zur
Fürstenquelle ab, die sich am Rande der Kuranlagen befand. Kurz vor
dem Erreichen der Kurklinik stiegen wir rechts den kleinen Steig zur
alten Kapelle hinauf, der uns wieder das Wasser aus den Poren trieb.
Atemlos an der
der Kapelle angekommen, folgten wir sogleich dem Wanderweg (Turm oder
gelber Punkt) durch die Dunkelheit des dichten Waldes, einem Pfad der
uns in einem letzten Anstieg zum Aussichtsturm führte. Langsam
stiegen wir über vereiste Stufen nach Bad Freienwalde ab und
durchquerten die Stadt, vorbei an liebevoll restaurierten Villen und
Stadthäusern zum Bahnhof, wo wir uns nach ca. 5 Stunden und 17km mit
schmerzenden Gliedern in die Autositze fallen ließen. Wow!
Wer also
wunderschöne Natur, steile Anstiege und tiefe Schluchten mit
Thüringer Wald Feeling sucht, ist auf dem Drei Türme Wanderweg von
Falkenberg (Mark) nach Bad Freienwalde gut aufgehoben!
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